In absehbarer Zeit aber wird sich das verändern, Städte wie Bochum und Essen machen es vor.
Strukturwandel im Pott - langsam, aber zielstrebig
Unter Tage, das war gestern. Grau, so kennen viele die Städte des Ruhrgebiets. Obwohl die Zechen geschlossen sind, ist der Ruhrpott vielerorts noch immer voller Kohlenstaub. Viele finden, dass genau das charmant ist, um zu investieren. Verständlich, so sind die Quadratmeterpreise günstig und die meisten Gebäude von der Grundstruktur gut erhalten. Das zeichnet das Potenzial aus, weshalb vor allem Konzerne aus dem Ruhrgebiet und dem restlichen Bundesgebiet Immobilien aufkaufen, die sich sonst keiner in der Region leisten kann.
Das Land NRW treibt den Strukturwandel an, weg vom alten Schmuddel-Image, hin zu Neubauten für Bewohner und Unternehmen, die ein schickes Büro mit Sicht auf die Ruhr suchen. Als das Ruhrgebiet zur Kulturhauptstadt ernannt wurde, durfte die Welt einen Blick auf die Entwicklung werfen und das hatte für die Region positive Folgen. Wenngleich sich die Unternehmen Zeit ließen, haben einige aus dem Ausland bereits Gelder zugesichert, um das Potenzial des Ruhrpotts voll auszuschöpfen. Alte Hallen sollen nicht einfach abgerissen werden, sondern modernisiert. Das Bild der alten Industrielandschaft soll in jedem Fall erhalten bleiben, als Erbe sozusagen wie im finnischen Tampere.
Bochum und Essen leben das neue Ruhrpott-Flair
Während der Kohle-Tage im Pott wurden Immobilien im Schnellverfahren hochgezogen, Ästhetik war irrelevant. Einziges Ziel der Baufirmen und Investoren war es, praktische Bauten zu errichten, in denen die Bürger zwar nicht komfortablen Wohnraum vorfanden, dafür aber zu günstigen Mieten eine Unterkunft erhielten. Und so finden sich überall Betonbauten, die einen teilweise sogar sprachlos zurücklassen. Noch immer sind viele Menschen erstaunt, warum die großen Fußballvereine des Ruhrpotts einen so großen Anklang bei talentierten Kickern finden. Millionäre, die Westfalen München oder Stuttgart bevorzugen, sind auf der Suche nach dem Besonderen.
Bochum und Essen machen vor, wie das Ruhrgebiet einmal aussehen soll. Starke Konzerne kaufen nicht nur die Einbauküche in Bochum für die bezugsfertige Immobilie, sie legen auch neue Grünanlagen an, damit die Tristesse der Vergangenheit erlischt. Mit den Partnern haben die Städte gute Strategen auf dem Wohnungsmarkt gefunden, doch nicht alles ist so rosig, denn die Investitionen haben für einige negative Folgen.
Jobs müssen her
In einigen Städten des Ruhrgebiets ist die Arbeitslosenquote so hoch, dass sie für Investoren schlichtweg unattraktiv sind. Sie wissen, dass die Investitionen keinen dauerhaften Ertrag bringen, solange keine Jobs vorhanden sind, um die Menschen aus der angespannten Wirtschaftssituation zu holen. In der Konsequenz bedeutet das, dass viele Städte abgehängt werden und nicht vom künftigen Strukturwandel profitieren. Die Strategie geht nur auf, wenn nicht ausschließlich in Wohnimmobilien investiert wird.
Der Ruhrpott benötigt dringend attraktive Bürogebäude und moderne Hallen für Unternehmen, die den Menschen wieder ein Stück Hoffnung bringen. An qualifizierten Fachkräften mangelt es nicht, eher muss das Bildungsniveau durch eine Reform der Bildungspolitik steigen. Moderne Bauten oder sanierte Immobilien locken Firmen an, die müssen aber zum richtigen Zeitpunkt an den Start gehen, denn dauerhaft werden die Immobilienpreise weiter steigen und da liegt auch die Gefahr für die Bewohner des Ruhrpotts.
Zahlreiche Haushalte können sich die Wertsteigerungen der Immobilien künftig nicht mehr leisten. Sie haben schon jetzt oft Probleme, die Miete zu bezahlen und die Stromrechnung auszugleichen. Mit einem Preisanstieg der Mieten wird das Problem nicht behoben, die Menschen werden dauerhaft vertrieben. Aber, so jedenfalls hoffen die Bürgermeister im Ruhrpott, wird es nur wenige Härtefälle geben, die mit staatlicher Unterstützung aufgefangen werden, während der Großteil im Pott vom Aufschwung profitiert.